Freitag, 3. Juni 2011

Mit dem BGE Schritt um Schritt zur Trekonomy

Wozu benötigen wir Geld? Ich bin kein Ökonom, und möchte versuchen, diese Frage "aus dem Bauch heraus" zu beantworten. Es dient in unserer Gesellschaft im wesentlichen als Bindemittel zwischen Arbeit und Waren bzw. Dienstleistungen. Das Recht zu Konsumieren - ja überhaupt erst das Recht auf eine halbwegs materiell erträgliche Existenz - ist an persönliche Erwerbsarbeitsleistung geknüpft: Für bezahlte Tätigkeiten erhält man ein gewisses Gehalt, dass man - quasi als eine Art Gutschein - bei einem Anbieter gegen Waren und Dienstleistungen eintauschen kann. Diese werden durch die Arbeistleistungen anderer Menschen hervorgebracht, man könnte also präziser sagen: durch eigene Arbeit erhält man das Recht, Arbeitsleistungen anderer in Anspruch zu nehmen.

Diesem Prinzip liegt natürlich ein gewisses Misstrauen zugrunde. Man darf erst dann die Leistungen anderer nutzen, wenn man selbst welche erbracht hat - denn man könnte ja auf den Gedanken kommen, sie in Anspruch zu nehmen, ohne selbst etwas zu tun! Wenn dies die Mehrheit täte, würde die Gesellschaft zusammenbrechen! Diese Befürchtungen sollen durch ein Lohn- und Bezahlungssystem aufgefangen werden: Mit eigener Arbeit erwirbt man "Gutscheine", die es einem ermöglichen, von der Arbeit anderer zu profitieren.

Schon öfters ist der Verdacht aufgetaucht, dass dieses Misstrauen gegenüber der Mehrheit der Menschen unbegründet oder zumindest überzogen sei. In den 1960ern und 70ern experimentierten die Hippies in ihren Kommunen gerne mit nichtmonetären Modellen. Sie sollten sich, wie die frühmittelalterlichen Gesellschaften in Europa oder manche Naturvölker, auf Tauschhandel gründen - und damit zumindest den Zwischenschritt "Zahlungsmittel" zwischen der Arbeit des einen und des anderen ausschalten - oder sogar auf freiwilligen Geschenken beruhen.

Man kann diese Experimente natürlich als naiv belächeln, und den Hippies vorwerfen, ihre Kommunen hätten sowieso nur funktioniert, weil sie eine hochentwickelte, industrielle Gesellschaft außen um sich herum hatten, die alle Annehmlichkeiten des modernen Lebens bereit stellte. Psychedelisch bemalte VW-Busse mussten in kapitalistisch organisierten Fabriken hergestellt werden, genauso wie das Glas, aus dem die Bong bestand oder die T-Shirts, die mit Batikfarbe veredelt wurden. Die meisten Menschen würden heutzutage argumentieren, dass eine organisierte Gesellschaft mit hohem Lebensstandard nur mithilfe eines Bezahlungssystems möglich ist, und darauf verweisen, dass wahrscheinlich seit der Frühantike die breite Mehrheit der komplexeren Gemeinwesen irgendeine Form von Geld verwendet hat.

Drehen wir das Problem aber einmal um - unter welchen Bedingungen wäre Geld unnötig? Genau dann, wenn das oben genannte Misstrauen keine Basis hätte: wenn man sich darauf verlassen könnte, dass jeder freiwillig ausreichend arbeitet, um die Gesellschaft "in Schwung" zu halten.

Bezüglich mancher Tätigkeiten kann man sich diesbezüglich pessimistisch fühlen: Niemand arbeitet freiwillig untertage in eine Kohlemine, auf einer Müllkippe, in einem Abwasserkanalsystem oder als Reinigungskraft auf einer Bahnhofstoilette. Dank der Erfindung des Computers sind wir jedoch in immer höherem Maße in der Lage, solche Tätigkeiten geeigneten Maschinen und Robotern zu übertragen. Heutzutage arbeiten bereits ganze Fertigungsstraßen in Fabriken unbemannt. In Frankreich existieren schon seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts öffentliche Toiletten, die über einen vollautomatischen Reinigungsmechanismus verfügen. In Italien wurden Müllentsorgungsautomaten getestet. Der bekannte Roboter Roomba putzt eigentätig eine ganze Wohnung und es wurde schon erfolgreich mit computergesteuerten U-Bahn-Zügen experimentiert. Auch unbemannte Flugzeuge - sogenannte Drohnen - sind längst Realität, wenn auch bislang leider fast ausschließlich im militärischen Bereich.



In dieser Fabrikhalle von BMW sucht man menschliche
Arbeiter vergebens.


Die Behauptung, Roboter würden mehr Arbeitsplätze schaffen als ersetzen, hat sich als falsch herausgestellt. Immer mehr Aufgaben können ohne menschliches Eingreifen erledigt werden, mit rasch steigender Tendenz. Diese Aussicht ist für viele sehr negativ belegt - sie assoziiert Massenarbeitslosigkeit. Wer diese fürchtet, vergisst jedoch, dass Arbeitslosigkeit nur solange eine Bedrohung ist, wie sie mit Mangel und sozialer Stigmatisierung verbunden ist. Das "Problem Arbeitslosigkeit" würde durch ein bedingungsloses Grundeinkommen in einen Glücksfall umgewandelt. Wenn man von der Wiege bis zur Bahre ohne Wenn und Aber immer genug Geld zur Verfügung hat um zu leben und in gewissem Maß am sozialen Leben teilnehmen zu können, dann ist der Verlust eines unangenehmen, stumpfsinnigen Arbeitsplatzes gradezu das beste, was einem passieren kann.

Man kann aber, wenn man möchte, noch einen Schritt weiter denken. Was, wenn der Automatisierungsgrad so weit gestiegen, und das Energieversorgungsproblem durch neue Techniken - sei es verbesserte Kernspaltung, Kernfusion oder Solarenergie - neutralisiert ist, dass nahezu alle Tätigkeiten, die mechanisch, unkreativ oder einfach unangenehm sind und daher von Menschen nicht freiwillig erledigt werden, durch Roboter vollbracht werden können? Das oben genannte Misstrauensproblem wäre dann irrelevant - von diesem Augenblick an wäre Geld überflüssig!

Science-Fiction-Fans nennen eine solche nichtmonetäre Gesellschaft zuweilen "Trekonomy" - eingedenk der bekannten "Star Trek"-Fernsehserien und -Filme, in denen das interstellare Staatswesen "United Federation of Planets" kein Geld verwendet, und in dem Arbeit freiwillig ist. In der "Next Generation"-Episode "The Neutral Zone" erklärt Captain Picard einem Mann aus dem 20. Jahrhundert:

"A lot has changed in three hundred years. People are no longer obsessed with the accumulation of 'things'. We have eliminated hunger, want, the need for possessions."

Und in dem Kinofilm "First Contact":

"The economics of the future is somewhat different. You see, money doesn't exist in the 24th century... The acquisition of wealth is no longer the driving force in our lives. We work to better ourselves and the rest of humanity."


Captain Picards Crew arbeitet auf der Enterprise,
ohne je einen Gehaltsscheck zu sehen.


Kaum jemand würde bestreiten, dass eine solche Gesellschaft ein erstrebenswertes Ziel darstellt. Im "Star Trek"-Universum musste es jedoch erst einen "großen Knall" - den dritten Weltkrieg - geben. Man sollte sich fragen, ob es nicht einen sanfteren, humaneren Weg dorthin gibt - einen, der weder auf gewalttätiger Umstrukturierung der Gesellschaft (wie sie die klassischen Marxisten anstreben) beruht, noch massenhafte Verelendung (die weit verbreiteten Befürchtungen zufolge durch Steigerung des Automatisierungsgrades ausgelöst wird) in Kauf nimmt. Die plausibelste Lösung scheint mir das bedingungslose Grundeinkommen zu sein: Wenn für alle bedingungslos gesorgt ist, kann man guten Gewissens Roboter und Künstliche Intelligenz entwickeln, da man nicht fürchten muss, dass diese Technologien jemanden seiner Existenzgrundlage berauben könnten. Sind die Maschinen dann irgendwann - sei es in 20, 50, 100 oder 200 Jahren - so ausgereift, dass sie jeden Beruf ersetzen können, den Menschen nicht freiwillig ausüben möchten, dann wird das Konzept Geld zum Auslaufmodell: Der Slogan der Kommunisten "alles für alle und zwar umsonst" ließe sich realisieren - jedoch ohne Revolution, Diktatur, Planwirtschaft, Zwang und Überwachung!

Die Menschheit wäre von der Geißel Arbeit - genauer: von der Geißel "unangenehme Arbeit" - endgültig befreit. Sie hätte endlich ausreichend Zeit und Muße, um ihr eigentliches kreatives Potential zu entfalten.

5 Kommentare:

  1. Das allein wird nicht reichen. Es muss das Geldmachen mit Geld ebenfalls unterbunden werden, sprich, das Geld muss vorher noch fließend (oder ähnliches) werden, bevor wir ganz darauf verzichten können: http://faszinationmensch.wordpress.com/2011/05/28/mit-fliesendem-geld-anstelle-unseres-statischen-geht-es-auch-mit-unserer-gemeinschaft-wieder-richtig-gut-von-einer-fairconomy/

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  2. Nun, von Finanzwirtschaft verstehe ich leider nicht so viel. Gut möglich dass im Zusammenhang mit dem BGE da allerlei Umstellungen erforderlich werden. Ich les mir den Text auf deiner Seite bei Gelegenheit mal durch.

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  3. Wie entlohnst du dann diejenigen, die einer Arbeit nachgehen? Also kreative Arbeit, welche nicht von Maschinen erledigt werden kann?

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  4. Nun, zunächst belohnt kreative Arbeit sich natürlich selbst.

    Kaum ein Wissenschaftler oder Künstler übt seinen Beruf aus, um damit Geld zu verdienen - okay, in unserer Gesellschaft benötigt er natürlich ein Einkommen, aber das ist nicht, warum er seiner Tätigkeit nachgeht. Er tut das ja vielmehr, weil sie ihn fasziniert und er in ihr Erfüllung findet.
    Z. Bsp. arbeitete Albert Einstein, als er die Spezielle Relativitätstheorie entwickelte, beim Patentamt, um Geld zu verdienen. Seine eigentliche Arbeit, die ihn berühmt machte - die theoretische Physik - machte er "nebenbei" (wobei sie ihn sicherlich geistig wesentlich mehr in Anspruch nahm als sein Einkommensberuf).
    Leonardo da Vinci verdiente Geld, indem er Bilder malte, seine naturwissenschaftlichen und technischen Arbeiten führte er aus reinem Interesse durch.

    Primär motivieren kreative Menschen sich daher selbst.

    Außerdem kommt ja noch die soziale Anerkennung hinzu. Kunstwerke und wissenschaftliche Arbeiten können ihrem Urheber Respekt und Anerkennung der anderen Menschen einbringen, was auch eine mächtige Motivationsquelle und Belohnung sein kann.

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